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Fragen können in verschiedene Typen eingeteilt werden. Hier finden sie eine Liste mit den gängigen Fragetypen inklusive einiger Beispiele.

Inhalt

Übersicht

Eine Frage ist eine Äußerung, die eine Antwort herausfordert. Frage und Antwort bilden ein Begriffspaar. Im einfachsten Fall kann eine Frage als der Inhalt eines Fragesatzes verstanden werden, diese Bestimmung ist jedoch nicht erschöpfend. Die Rolle der Frage in der Kommunikation bestimmt die linguistische Pragmatik als Sprechakte, speziell als illokutive Akte.

Fragen können sich je nach dem Zweck des Fragenden, der Form der Frage oder der Situation, in der sie gestellt werden, unterscheiden. Zum Beispiel stellt man Fragen, um einer anderen Person eine Bühne zu geben, auf der sie ihr Wissen zeigen kann, oder man stellt Fragen, um einer anderen Person klarzumachen, dass sie über weniger Wissen verfügt oder einen niedrigeren Rang oder Status hat.

Fragemuster

Eine kurze Übersicht der Wirkung von Fragen und Antworten. Legende: (-): Wirkung bei vereinzeltem Gebrauch / (+): Wirkung bei häufigem Gebrauch

Offene Fragen

Offene Fragen werden durch die Verwendung von Fragewörtern gebildet; W-Fragen: wer, was, worüber, wann, wo, wie, warum, weshalb, wozu, wogegen. Sie werden eher „entdeckend“ als quantifizierend eingesetzt.

Diese stehen als Variablen für die unbekannte Information, nach der gesucht wird. Sie können auch mit anderen Wörtern kombiniert werden, um Fragesätze zu bilden: "Welche Schuhe soll ich auf der Party tragen?" Eine Frage kann mehrere Variablen enthalten, wie in: "Wessen Geschenke sind in welchen Kisten?"

In vielen Sprachen, darunter auch im Deutschen und den meisten anderen europäischen Sprachen, muss der Fragesatz (mit bestimmten Ausnahmen wie z. B. Echo-Fragen) am Anfang des Satzes stehen.

Wirkung

(-) großer Antwortspielraum, halten Gespräche in Gang

(+) Gefahr der Informationsflut, Verlust eines roten Fadens, aber auch Abblocken, sich ausgefragt fühlen

Geschlossene Fragen

Geschlossene Fragen sind solche, die kurz und eindeutig beantwortbar sind, z. B. mit ja oder nein: "Ist Pierre nach Paris gefahren?"

Es gibt eine „Geschlossene Menge“ möglicher Antwortoptionen: "Mit welchem Bus kommst Sie zur Arbeit?"

Wirkung

(-) enger Antwortspielraum, fordern klare Entscheidungen/Positionen

(+) stockendes Gespräch, eingeengte Problemsicht, oder Partner muss kreativ zusätzliche Mitteilungen geben

Resümierende Fragen

Teilergebnisse des Gesprächs werden in Frageform festhalten, z.B. "Könnten wir also sagen, dass in dem Punkt a) Übereinstimmung besteht über ...?"

Wirkung

(-) schaffen und sichern Gemeinsamkeiten, strukturieren das Gespräch

(+) Vereinnahmung, vorschnelles Beenden der Klärung, Dringen auf Entscheidung

Verständnissicherndes Nachfragen

Wiederholen der inhaltlichen Aussage wie im Kontrollierten Dialog, z.B. "Sie sagen, dass im Moment Ihre Kapazitäten 80% ausgelastet sind?"

Wirkung

(-) sichern das Verständnis, Signal der Aufmerksamkeit, motivieren zu weiteren Erläuterungen

(+) Gefühl des Ausgehorcht-Werdens, Informations-Blockade, da der Frager nicht einmal mehr durch das Aufwerfen neuer Fragen in Erscheinung tritt

Alternativfragen

Anbieten einer Alternative, z.B. "Möchten Sie Kaffee oder Tee?"

Wirkung

(-) bei richtig gestellter Alternative: Verdeutlichung von Standpunkten

(+) unerwünschtes Festlegen, Schwarz-Weiß-Malerei

Aufforderungsfragen

Aufforderung (als höfliche Frage) an das Gegenüber, detaillierte Informationen zu nennen, z.B. "Können Sie dazu genauere Daten angeben?"

Wirkung

(-) Aktivierung, freundlich und höflich, tragen zur Präzisierung bei

(+) fordernd, indirekt, unterschwellig, verschleiert Weisungsbefugnis

Suggestivfragen

Suggestivfragen geben vermeintlich richtige bzw. „sozial erwünschte “Antwort bereit in der Frage vor (Antwort in den Mund legen), z.B. "Sie sind doch sicher auch der Meinung, dass... ?"

In einem Verkaufsgespräch könnte die Frage „Möchten Sie den Artikel lieber in Weiß oder in Schwarz?“ fallen; es wird suggeriert, dass der Kunde auf jeden Fall den Artikel will (und nur noch die Farbe offen ist).

Wirkung

(-) Zustimmung, wenn als Hilfe aufgefasst; Aggression beim Verdacht der Manipulation

(+) unfaire Taktik, plumpes Vereinnahmen oder Provozieren

Direkte Gegenfragen

Nicht zu verwechseln mit der Reaktion auf eine Frage mit einer Frage zu antworten, sondern z.B. "Wie sehen Sie das denn?"

Wirkung

(-) beleben das Gespräch, gegenseitiges Interesse

(+) fehlende Bereitschaft, sich in das Gespräch einzubringen

Zurückleitende Fragen

Zurückleitende Fragen (mit Verstärkung), z.B. "Das ist wirklich eine wichtige Aussage. Welche Erfahrungen haben Sie damit?"

Wirkung

(-) Verstärkung, Aktivierung des anderen (eigener Zeitgewinn zum Überlegen/Abwägen)

(+) mangelnde Gesprächsbereitschaft, ggf. Inkompetenz

Rhetorische Frage

Rhetorische Fragen sind solche, die keine Antwort erwarten, sondern vielmehr eine Einstellung des Fragenden zum Ausdruck bringen. „Muss ich das schön finden?“ kann so z.B: gefragt werden, um darauf hinzuweisen, wie sehr einem etwas gefällt. Bestenfalls erwartet der Fragende hier Zustimmung zu seiner ironisch zum Ausdruck gebrachten Haltung.

Fangfrage

Eine Fangfrage ist die Sonderform einer rhetorischen Frage, eine mehr oder weniger geistreich, aber auch verfänglich gestellte Frage an eine Person, die eine den Tatsachen entsprechende Antwort geben soll, z.B. "Klauen Sie immer noch Äpfel aus dem Garten ihres Nachbarn?"

Kardinalfrage

Eine Kardinalfrage ist eine grundlegende Frage, durch deren Beantwortung sich ein Sachverhalt entscheiden oder in einer wesentlichen Haupteigenschaft bestimmen lässt oder um die sich eine bestimmte Diskussion oder Wissenschaft „dreht“.

Gretchenfrage

Gretchenfrage bezeichnet als Gattungsbegriff eine direkte, an den Kern eines Problems gehende Frage, die die Absichten und die Gesinnung des Gefragten aufdecken soll. Sie ist dem Gefragten meistens unangenehm, da sie ihn zu einem Bekenntnis bewegen soll, das er bisher nicht abgegeben hat.

Der Ursprung des Konzeptes und Begriffes liegt in Johann Wolfgang von Goethes Tragödie Faust Darin fragt die Figur Margarete, genannt Gretchen, ihren Verehrer, wie er es mit der Religion hält - was diesem ausgesprochen peinlich ist.

Echo-Frage

Eine Echo-Frage ist eine Frage, die darauf abzielt, die Äußerung eines anderen Sprechers (den Stimulus) zu bestätigen oder zu klären, indem sie in irgendeiner Form wiederholt wird. Zum Beispiel:

A: Ich ziehe nach Grönland.
B: Du ziehst wohin?

Im Deutschen haben Echo-Fragen eine ausgeprägte Prosodie, die sich durch eine ansteigende Intonation auszeichnet. Ein Sprecher kann eine Echo-Frage verwenden, um eine Bestätigung zu erhalten, weil er den Stimulus überraschend findet oder weil er ihn einfach nicht richtig verstanden hat.

Antworten

Minimal-Antwort

(-) klare Linie, eindeutige Position

(+) Einsilbigkeit, Verschlossenheit, Zeichen der Inkompetenz

Antwort im gefragten Umfang

(-) Kooperation, intensives Gespräch

(+) Provokation, Unterlegenheitsgefühl beim Frager

Antwort mit zusätzlicher Mitteilung

(-) Überblick, Informiertheit, wenn es in den Kontext passt

(+) Dominanz des Antworters, Flucht vor konkreten Antworten

Antwort mit Meta-Kommentar

(-) Orientierung, klärt Sicht des Fragers, auch Zurückweisung von Taktiken des Fragestellers

Quelle: Marita Pabst-Weinschenk: Reden im Studium. Berlin: Cornelsen 1995, 123, 127 f.; modifiziert

Literatur