Die Didaktische Analyse untersucht den Lehrstoff nach seinem allgemeinen Bildungszielen, nach seinem Werten, nach seiner Lernergiebigkeit mit Blick auf die Schüler. Der Lehrer soll den Unterrichtsentwurf aus einer Perspektive betrachten, die danach fragt, inwiefern ein Thema als ein zu lehrender Sachverhalt zu rechtfertigen ist.
Die didaktische Analyse ist somit zentraler Bestandteil der Unterrichtsvorbereitung & Unterrichtsplanung, auch wenn es keine allgemeingültige Definition gibt. Sie fragt jedoch noch nicht nach den einzelnen Lernzielen des Unterrichts. Sie steht normalerweise nach der Bedingungsanalyse und der Sachanalyse und vor der methodischen Analyse.
Inhalt
Elemente
Begründung der Wahl des Unterrichtsgegenstandes und des Themas
- Legitimation von den Richtlinien her
- Herleitung aus dem Reihenzusammenhang, der Lernlaufbahn der Schüler, den Schülerinteressen
- konkrete Lernvoraussetzungen: Vorkenntnisse, eingeübte Verfahren, Lektürestand etc. - gezielt zum Gegenstand der Stunde
Bildungsgehalt
- Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung
- exemplarische Bedeutung
- Zugänglichkeit von Thema und Gegenstand-
- Darstellbarkeit (Medien)
- Motivation und Ansätze im Schülerhorizont
- Struktur des Gegenstands, thematische Struktur
Didaktische Schwerpunktsetzung
- Einbettung des Gegenstandes in eine „natürliche Lernumgebung“ und/oder einen möglichst realen Erfahrungskontext (im Rahmen von Schule zumeist durch Begegnung mit authentischen Texten und Materialien oder durch Simulation)
- Analyse der Verwendungssituationen und -kontexte (bes. für Sprachreflexion und Textproduktion)
- genauere Sachanalyse: Text- und Materialanalyse; Problemanalyse; Kontextanalyse; Begriffsklärungen
- sinnvoll verwendbare fachwissenschaftliche Methoden (z.B. Verfahren der Textanalyse, literatursoziologisches Verfahren, kritisch-hermeneutische Verfahren, Verfahren der Sprachanalyse, Verfahren der Textproduktion...)
- sinnvoll anwendbarer fachdidaktischer, d.h. literatur-, schreib- oder sprachdidaktischer Ansatz sowie fachdidaktischer Ansatz wie z.B. musischer, emanzipatorischer, medienkundlicher, problemorientierter, handlungsorientierter, kreativer.... Deutschunterricht
Didaktische Reduktion (zentraler Planungsschritt!)
- Beschränkung des Umfangs und Festlegung der Ziele mit Blick auf die Klasse
- Intentionen; Lernziele (konkretisiert/operationalisiert; c. 5-7 je 45’) - ihre Begründung
- sinnvoller thematischer Ausschnitt, Textausschnitt, Materialzuschnitt - Portionierung des Stoffs
- möglichst Einsatz authentischer Materialien: Mit ihrer Komplexität zielen sie auf Schülerinnen und Schüler als ganze Mensch, d.h. Kopf, Herz und Hand. – Die didaktische Reduktion soll also nicht so weit gehen, dass sie alle Schwierigkeiten im Umgang mit realen Texten und Materialien ausklammert und nur auf die Ausprägung von Teilkompetenzen angelegt ist.
- Festlegung: das Neue, der Lernstoff (Inhalte, Verfahren, Begriffe...)
- Erweisbarkeit und Überprüfbarkeit der Ergebnisse
- erwartbare Schwierigkeiten und notwendige Hilfen
Prozessstruktur
- Lehr- und Lernprozess - Lern- und Erkenntnisweg
- Phasenstruktur: Entscheidung der Phasen einer Stunde / Sequenz
- inhaltlich-gedankliche - lernpsychologische - sachlogische Entwicklung
- Wechsel von: Erfahrung - Erarbeitung - Reflexion - Anwendung - Übung etc.
- Sicherung der Ergebnisse; Zwischenbilanzen; Endergebnis…
- Festlegung: Neueinführungen (Begriffe, Methoden, Inhalte...) - Wiederholung - Übung - Hausaufgaben
Methodische Entscheidungen
- Organisationsformen - Interaktionsformen - Handlungsstruktur
- Lehr- und Lernverfahren
- Arbeits- und Sozialformen - Schüler- und Lehreraktivitäten
- Arten der Gesprächsführung
- Markierung von Phasenwechsel, Bilanzierung und Neuaufbau von Lernsituationen
- Arten des Umgangs mit Texten
- Arten der Auftragsvermittlung, der Impulse und Fragen - Vor-Formulierung von Aufträgen
- Formen der Eigentätigkeit, der Arbeit unter Anleitung
- Rezeptions- und Produktionsmethoden
- Medieneinsatz, Tafelbild / -text und Schülerverhalten
- Formen der Sicherung und Vergabe der Hausaufgaben: Inhalte - konkrete Operationsverben
Quelle der Listen: Günther Einecke (http://www.fachdidaktik-einecke.de/ — 2003-2022)
Unterrichtsvorbereitung
Die "Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung" (In: Die deutsche Schule. H. 10, 1958, S. 450–471.) von Wolfgang Klafki hat viele Lehrergenerationen beeinflusst.
Klafki verlangt vom Lehrer in der Vorbereitung des Unterrichts unter anderem die Beantwortung der Frage, welchen Wert der antizipierte Unterrichtsinhalt für die Schüler hat. Hierzu hat Klafki 5 Leitlinien definiert:
- Exemplarische Bedeutung des Inhalts („Was können die Schüler mit dem heute Gelernten anfangen?“): Auf welchen allgemeinen Sachverhalt, welches allgemeine Problem lässt der spezifische Inhalt schließen?
- Gegenwartsbedeutung des Inhalts für die Lernenden („Was bedeutet es für die Schüler heute?“): Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt im Leben der Schüler, welche Bedeutung soll er – vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen – darin haben?
- Zukunftsbedeutung des Inhalts für die Lernenden („Was wird der Inhalt für die Schüler morgen bedeuten?“): Worin liegt die Bedeutung des Themas für die Zukunft der Schüler?
- Struktur des Inhalts („Was ist die Struktur meines Inhalts?“): Welches ist die Struktur des (durch Frage 2 und 3 in die spezifisch pädagogische Sicht gerückten) Inhalts?
- Zugänglichkeit auf Schülerseite bzw. der Darstellbarkeit des Inhalts auf der Lehrerseite („Wie bringe ich es bei, welche Eselsbrücken gibt es?“): Welches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche, in oder an denen die Struktur des jeweiligen Inhalts den Kindern dieser Bildungsstufen, dieser Klasse interessant, fragwürdig, zugänglich, begreiflich, anschaulich werden kann?
1985 wurde von Klafki selbst noch ein sechster Punkt hinzugefügt: „Erweisbarkeit und Überprüfbarkeit“, und zwar mit der Anmerkung, dass Schülerleistungskontrollen nur eine gesondert zu rechtfertigende Form der Überprüfung darstellten.
Kritik
Der bildungstheoretische Ansatz von Klafki wurde intensiv diskutiert und stark kritisiert. Die Frage der unterrichtsmethodischen Vorbereitung wird bei ihm kaum thematisiert, Kritiker sprechen daher oft von einer „Feiertagsdidaktik“ (vgl. Berliner Modell).
Auch politisch-gesellschaftlich kritisierte ihn die 68er-Studentenbewegung als zu konservativ, bürgerlich orientiert und die herrschenden Verhältnisse stabilisierend.
Hinzu kamen sozialwissenschaftliche und didaktische Argumente gegen seinen Ansatz. Diese nahm Klafki in einer Neufassung seiner Didaktik auf (nun mit 7 Fragen), der kritisch-konstruktiven Didaktik. Sie heißt „konstruktiv“, weil sie nicht mehr nur im Rahmen vorgegebener institutioneller und curricularer Bedingungen Vorschläge macht, sondern darüber hinausgehende Möglichkeiten zur Verbesserung von Lehr- und Lernprozessen ermitteln, entwerfen und erproben soll. Sie ist aber keine konstruktivistische Didaktik.
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